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Exoskelett simuliert Schwerelosigkeit

Feinmotorische Aufgaben wie Reparaturen oder Experimente werden im All durch die Schwerelosigkeit erschwert und müssen bisher vorab auf der Erde trainiert werden. Ein Forschungsteam des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) und der Universität Duisburg-Essen (UDE) haben untersucht, ob ein robotisches Exoskelett hierfür neue, realitätsnahe Trainingsmöglichkeiten schafft.


Im All sind Astronauten häufig mit feinmotorischen Tätigkeiten wie Reparaturen oder Experimenten konfrontiert, die durch die Schwerelosigkeit erschwert werden. Ein gezieltes Training dieser Fähigkeiten ist entscheidend, um die Effizienz der Missionen zu erhöhen und die Sicherheit der Crew zu gewährleisten. Bisher finden diese Trainings vor allem bei Parabelflügen oder durch Übungen im Raumanzug unter Wasser statt. Im Rahmen des INNOSpace-Netzwerks „Space2Health“ – einer Initiative der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR, gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) –haben das DFKI Robotics Innovation Center und der Lehrstuhl Systeme der Medizintechnik der UDE eine realitätsnahe und kostengünstige Alternative entwickelt: ein aktives Exoskelett, das durch gezielte Kraftunterstützung das Eigengewicht der Arme kompensiert und so ein Bewegungsgefühl erzeugt, das der Schwerelosigkeit nahekommt.


Erneute Teilnahme an der Parabelflugkampagne


Bereits 2024 nahm das Team an der 42. DLR-Parabelflugkampagne auf dem Geländes des Flughafens Bordeaux-Mérignac teil, um erste Vergleichsdaten zu erheben. Die Ergebnisse waren vielversprechend, jedoch noch nicht statistisch belastbar. Im Rahmen des aktuellen Projekts „MikroBeM” erhielt das Team erneut einen Platz im Airbus A310 Zero G von Novespace. Die Parabelflüge finden in einem speziell dafür umgebauten Airbus A310 statt, in dem durch parabelförmige Flugmanöver jeweils für etwa 22 Sekunden Mikrogravitation erzeugt wird. Dazu steigt das Flugzeug steil mit rund 45 Grad auf, folgt einer Parabel im freien Fall und wird dann kontrolliert gesenkt, bevor die nächste Parabel beginnt. Pro Flug werden in der Regel 31 Parabeln geflogen, was insgesamt rund elf Minuten Schwerelosigkeit ergibt.

Exoskelett-Experiment: Ziel und Durchführung

Das Exoskelett-Experiment gehörte zu den zehn ausgewählten Forschungsprojekten an Bord. Ziel war es, zu untersuchen, ob das Training feinmotorischer Bewegungen mit einem Exoskelett unter simulierten Bedingungen so effektiv ist, dass das Erlernte auf reale Schwerelosigkeit übertragbar ist – und somit die Arbeitsbelastung von Astronauten künftig reduziert werden könnte. Erste Hinweise aus der vorangegangenen Kampagne deuten darauf hin.

Zwei identische Versuchsaufbauten im Flugzeug ermöglichten den gleichzeitigen Einsatz von zwei Testpersonen pro Flug. Während der Flüge kam ein passives Exoskelett zum Einsatz. Die sechs Testpersonen saßen angeschnallt und mussten während der Schwerelosigkeitsphasen mit dem Zeigefinger des im Exoskelett geführten Arms die Mitte einer Zielscheibe auf einem Touchscreen treffen. Dabei war der Arm von einem Umhang verdeckt, um den motorischen Lernprozess besser von einer kontinuierlichen Bewegungsanpassung abgrenzen zu können.

 

Die Hälfte der Testpersonen hatte die Aufgabe zuvor im Labor mit einem aktiven Exoskelett trainiert, die andere Hälfte war nur mit dem Versuchsaufbau vertraut. Während der Flüge wurden Muskel- und Gehirnaktivität, Herzratenvariabilität sowie Bewegungstrajektorien aufgezeichnet. Eine Ersatzperson mit kompletter Sensorik stand bereit, um im Fall von Unwohlsein einzuspringen und unterstützte das Team als Operator.

Das Experiment verlief an allen drei Flugtagen technisch und organisatorisch ohne Komplikationen. Von 279 geplanten Datensätzen konnten beeindruckende 276 vollständig erhoben werden – ein außergewöhnlich hoher Wert, der nun eine fundierte wissenschaftliche Auswertung ermöglicht.


Neue Impulse auch für andere Branchen


Die Vision des Forschungsteams reicht über das aktuelle Experiment hinaus: Ein standardisiertes Exoskelett-Trainingssystem könnte nicht nur zukünftige Raumfahrtmissionen effizienter vorbereiten, sondern auch neue Impulse in der Rehabilitation, Neurotechnologie und Robotik setzen.


 
 
 

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